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Zwei Vögel mit einem Stein – wie man Agilität nutzenbringend einsetzt!

Der Umbruch in der Industrielandschaft tritt immer klarer hervor. Mittlerweile geht kein Unternehmen mehr davon aus, mit den bisherigen Strukturen und Prozessen die Zukunft erfolgreich meistern zu können. Dies stellt hohe Anforderungen an das Wertschöpfungssystem der Kreativität. Die bisherigen Methoden sind nicht mehr hinreichend und führen in den Niedergang. Erfolgreiche Unternehmen setzen vehement auf Agilität als neue Form der Zusammenarbeit. Strukturen und Funktionen verlieren an Stellenwert. Gewinner wird derjenige sein, der Agilität wirklich und schnell einführt. Die Reihenfolge der Adjektive ist zu beachten.

Zeitenwende – alles wird anders sein!

In zwanzig Jahren wird die Welt eine andere sein. Das was heute noch dominant ist, wird es dann nicht mehr sein. Die Zeitenwende kündigt sich vor allem in Deutschlands Vorzeigebranche, der Automobilindustrie an. Nehmen wir nur die Schlagzeilen der letzten Wochen. Die Bundeskanzlerin verkündet öffentlich, dass die Automobilindustrie in ihrer heutigen Form nicht überleben werde. Diese wiederum tut alles um die Aussage zu unterstreichen: Man macht sich für den Diesel stark und gerät nun sogar in den Verdacht eines unlauteren Vorgehens.

Manche Hersteller machen daraus eine Chance. Volvo erklärt, dass es ab 2019 nur noch Autos mit Elektroantrieb geben wird. Die Aussage verbirgt die Tatsache, dass Volvo hierzu auch Hybridfahrzeuge, die nach wie vor einen, wenn auch kleineren, Verbrennungsmotor haben werden, zählt. Dagegen ist der Shootingstar der Elektromobilität die kalifornische Firma Tesla dabei, sein Model 3 augenscheinlich schneller und problemloser in Serie zu bringen als man dies dem bisherigen Nischenhersteller zugetraut hat.

Wunsch nach Agilität im eigenen Unternehmen?

Nun kann man dies als ein sich abzeichnendes Fallbeispiel für ein Wirtschaftsbuch über den Aufstieg und den Fall von Unternehmen und Industriezweige betrachten, oder aber als einen schrillen Warnruf hier schnell, nachhaltig und kompromisslos in eine wirkliche Disruption einzutreten. Wenn man das Zweite ernst nimmt, landet man über kurz oder lang bei der Forderung, dass etablierten Unternehmen agil werden müssen. Die Frage ist nun, was damit wirklich gemeint ist? Ganz einfach: Man hätte gerne den Spirit, den die großen und ertragreichen Unternehmen der amerikanischen Westküste haben im eigenen Unternehmen.

Wie macht man es?

Der normale Ablauf ist folgender: Man besichtigt mit größeren Delegation das Mekka der Agilität. Die südliche Bay Area von San Francisco. Idealerweise in einer Mischung aus Vorlesung in Stanford oder gar an der Singularity University und dem Besuch von Google, Apple, Facebook und Co. Danach redet man von Mountain View und Cupertino wie über das eigene Stadtviertel. Zurückgekehrt gründet man – gerne in Berlin – Inkubatoren, Spin-offs die agil arbeiten sollen und deren Spirit und Know How irgendwann auf das etablierte und hierarchisch organisierte Mutterunternehmen zurück wirken soll. Nun kann man das ganze noch dadurch begleiten, indem man Krawatten verbannt und ab und zu in Jeans ins Büro kommt. Dabei stellt sich die sehr ernsthafte Frage, ob es so wirklich funktionieren kann?

Wenn eine Gruppe Nichtschwimmer sich gegenseitig das Schwimmen beibringen möchte?

In letzter Zeit haben wir eine Vielzahl solcher agiler Experimente betrachtet. Sie ähneln alle irgendwie einer Gruppe Nichtschwimmer, welche sich gegenseitig versuchen mittels Theorie das Schwimmen beizubringen. An irgendeinem Punkt ist die Sache dann so verfahren, dass händeringend irgendwelche Berater angeheuert werden. Von denen erhofft man sich dann zumindest eine geordnete Auflösung des selbst angerichteten Chaos.

Systematik der Agilität!

Nun der andere Weg. Agilität ist zweifelsohne die Arbeitsform der Zukunft. Sie zu beherrschen ist erfolgsentscheidend.

Ähnlich wie beim Schwimmen, muss man sie aber systematisch lernen. Zunächst benötigt man jemanden der es gut kann und die Fähigkeit hat dieses Können zu vermitteln. Denjenigen kann man einstellen oder sich temporär einkaufen – also als Coach engagieren. Nun folgt man den Prinzipien und Elementen der Agilität (www.le-parkour.net – Agilität in etablierten Unternehmen) Wem an Marketing in der Sache gelegen ist, sucht sich dann auch noch einen Handlungsbereich aus, wo hohe Ausgaben oder Einnahmen generiert werden. Also beispielsweise im Ein- oder Verkauf.

Man kann mit einem Stein zwei Vögel erwischen!

Mittels eines agilen Teams, eines Masters und eines Produktowners kann man sehen wie man Leistungsverbesserung um Faktor 2 bis 3 gegenüber einer etablierten Organisation realisieren kann. Was man braucht ist eine gute Userstory und den Mut das Team mit seinem Master laufen zu lassen. Das Handlungsfeld kann zunächst ziemlich einfach aussehen. Im Einkauf kann es eine größere Vergabe sein, welche unter Oligopolbedingungen realisiert werden muss. Die Erfahrung zeigt, dass ein Team über 3 Monate hier richtig was bewegen kann.

Und, das Unternehmen profitiert doppelt. Zum einen kann man einen Wert erzielen, den man sonst nicht hätte, nämlich einen günstigen Einkaufspreis. Zum anderen hat man fünf bis sieben Personen wirklich Agilität gelernt. Die sind nun noch keine Schwimmer für die Olympiade, aber sie können sich über Wasser halten. Von einer solchen Keimzelle aus, kann man nun Agilität in das Unternehmen hinein entwickeln. Im Einkauf kann man sich an größere Aufgaben heranwagen. An Konzeptwettbewerbe, Innovationswettbewerbe, Serien für die Jahrenspreisverhandlung, die Anwendung von Spieltheorie und innovativen Vergaben, Kostenanalysen oder an Forward Sourcing sind nur einige Beispiele. Im Verkauf geht es darum Folgeaufträge zu gewinnen, sich in neuen Märkten mit hohen Eintrittsbarrieren zu positionieren, Alleinlieferant zu bleiben oder übermässigen Preisabbauraten entgegenzuwirken ohne Kundenvertrauen zu verlieren. Auch die Kostenarbeit der eigenen Wertschöpfung – idealerweise übergreifend mit Wertschöpfung bei Lieferant und Kunde – ist ein sehr ergiebiges Betätigungsfeld für Agilität.

Fazit

Agilität darf nicht auf ein möglichst hohes Podest gestellt werden, sondern man sucht sich eine reale, etwas komplexe Aufgabenstellung und probiert es aus. Dabei braucht man nur einen, der weiß, wie man es macht. Nach und nach gewinnt man mehr Know How und wagt sich auch an die verzwickten Probleme des Unternehmens. Unternehmen profitieren damit von einem Doppeleffekt. Sie schaffen Werte und lernen die Arbeitsform der Zukunft. Die deutsche Autoindustrie wird genau dies brauchen können.

Norbert Neumann
Beitragsbild: „Two birds with a stone – Quelle: Forbes.com“

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